Samstag, 11. Juni 2011
Kurzes Interview zu Homoheilern in Deutschland auf NRJ
Gerade die Meldung über die abstrusen Heilmethoden des BKÄ (wir berichteten) rückt das öffentliche Interesse an Homosexuellen-Therapien wieder stärker in den Vordergrund.
Das Interview wurde in der Abendsendung "Wosch. Die Energy Abendschau" bundesweit ausgestrahlt. Hier anhören (ca. 8 Min.)
Sonntag, 5. Juni 2011
Englische Umpolerin von Ärzteverband gerügt
Die Ärztevereinigung setzte nun Pilkingtons Lizenz aus. Ihr wird laut exgaywatch eine Schulungsmaßnahme angeordnet. Das Christian Legal Centre, christliche Lobbyisten, werden dagegen aller Voraussicht nach in Berufung gehen. Sie sind der Meinung, dass Pilkington von Strudwick betrogen worden sei. Er hätte sie angelogen, während sie für ihn gebetet habe. Sie habe einwandfrei gehandelt. Pilkington selbst bekräftige ihre Ansicht, Homosexualität sei therapierbar. Sie würde das schon seit einiger Zeit bei ihrem 29jährigen Sohn tun, der schwul sei, und ist überzeugt davon, dass sich Änderung einstellen werde. Sie empfindet die Berichterstattung als unverantwortlich, denn das Umpolen sei durchführbar und viele Menschen wollten das auch so.
Christliche Aktivisten können den Rummel um die Exgay-Therapien kaum verstehen. Sie stützen ihre Meinung, dass die homosexuelle Neigung therapierbar sei, auf ein Textbuch namens "Wesentliche Psychopathologie und deren Behandlung" (2009). Dass reparative Therapie schädlich und zerstörerisch sein kann, davon wollen christliche Lobbyisten nichts wissen. Einen sehr einfältigen Bericht dazu gibt es hier.
Ignoriert wird vor allem der Beschluss der britischen Ärztekammer, Reparativtherapien nachgewiesenermaßen als unseriös und schädlich zu bewerten, und diese Art der Behandlung nicht mehr auf Rezept durchführen zu lassen (wir berichteten).
Pilkington wird vorerst auch weiterhin Exgay-Therapien anbieten und durchführen. Auch ohne Lizenz.
Links: exgaywatch - UK: Psychotherapist guilty of Malpractice for Promising Gay Cure
Guardian - Conversion Therapy: She tried to make me 'pray away the gay'
The Telegraph - The therapist who claims she can help gay men go straight
The Telegraph - Christian Counsellor's attempt to cure gay man was 'malpractice'
Donnerstag, 2. Juni 2011
Du wirst erlöst! Mit katholischer Homöopathie
Mit wirkungslosen Medikamenten gegen eine inexistentes Leiden - der Lesben- und Schwulenverband hält den Hinweis auf die "Therapiemöglichkeiten" für inakzeptabel: "Die Angebote sind gefährlich. Sie benutzen die Verunsicherungen von homo- oder bisexuellen Jugendlichen beziehungsweise deren Eltern", sagt Verbandssprecherin Renate Rampf auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE. Für Betroffene seien solche Angebote selbst dann problematisch, wenn sie "wie in diesem Fall geradezu lächerlich erscheinen". Rampf kritisiert, die vermeintlichen Hilfen würden "destabilisierend wirken" - nicht zuletzt, weil sie schlicht nicht funktionieren könnten. "Alle ernstzunehmenden Sachverständigen stimmen darin überein, dass die sexuelle Orientierung schon in frühester Kindheit geprägt wird."
Winkelmann verteidigt sich, sein Verband wolle "niemanden in eine 'kranke Ecke' drängen, verletzen oder bedrängen". Es gehe darum, "Stellungnahme und ärztliche Meinung abzugeben, ohne jemanden verletzen oder bevormunden zu wollen". Nach dem Motto "Wer hören will, der höre" wolle der BKÄ "keine akzeptable Hilfsmöglichkeit verschweigen".
Zwar möchte Winkelmann, selbsternannter Leiter des "Bund Katholischer Ärzte", deutschlandweit ein "Glaubenszeugnis geben, um sich dem destruktiven Zeitgeist zu widersetzen" - jedoch sind derartige Therapieangebote unseriös, und werden sowohl von Bundesregierung, Ärzteschaften und Fachleuten abgelehnt. Es zeigt aber, dass nicht nur Evangelikale, sondern auch Katholiken in den engen Kreis der Umpoler gehören möchten - und wenn nur mittels Homöopathie, Gebetsritualen und fragwürdiger 'Therapie'. Ernstzunehmen ist dieser Bund keineswegs: man sucht auf den chaotischen Internetseiten immer noch nach Ärzten.
Übrigens: Wer sich ein Bild machen möchte, wie der "Arzt" der Homosexualität zu Leibe rücken möchte, klicke rechts auf die Zeitungsmeldung. Das ist kein Scherz.
Umfrage zum Thema: www.pollphin.de
Links: Spiegel - Umstrittene 'Therapie' - Katholische Ärzte wollen Homosexuelle mit Homöopathie kurieren
Telepolis - Mit Homöopathie gegen Homosexualität
queer.de - Katholische Ärzte wollen Homosexuelle 'therapieren'
Kommentiert: Tagesspiegel - Fanatismus mit Globuli
Scienceblogs.de - Wie katholische Ärzte Homosexualität mit Homöopathie heilen wollen
Steven Milverton - Obskurantismus
medrum.de - Üble Verunglimpfung von Kardinal Meisner und katholischer Ärzte im Tagesspiegel (mit Stellungnahme von Telepolis-Autor)
Auf dem Deutschen Kirchentag zum Thema
Der Deutsche Kirchentag findet seit Mittwoch in Dresden statt. Auch zur Ex-Gay-Thematik finden sich dieses Jahr Seminare:
- Die Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) bietet am Freitag um 14.00 Uhr ein Seminar zum Thema "Homosexualität lässt sich doch ändern - wirklich?" (LINK-UPDATE).
Neben dem umstrittenen Psychologen Michael Gerlach treten dort auch zwei frühere Ex-Gays auf. Das Seminar findet statt im Hörsaal im Trefftz-Bau.
-Wer ausserhalb des Kirchentages etwas über die deutsche Umpolerszene erfahren möchte sollte am Samstag um 16.00 Uhr das Filmtheater Schauburg (Fritz-Lang-Saal) besuchen. Dort hält Hartmut Rus vom LSVD einen Vortrag zum Thema "Selbsternannte Homoheiler unter dem Dach der
Diakonie".
Der Eintritt kostet 2 €. Zu finden in der Königsbrücker Straße 55.
Nachtrag:
- leider zu spät erfahren: Am Donnerstag um 11.00 Uhr berichtete u.a. Markus Hoffmann von der Initiative Wüstenstrom (die das Verändern Homosexueller zu Heterosexueller propagieren) zum Thema "Tabu Seitenwechsel" von seiner Erfahrung, als Ex-Homosexueller zum heterosexuellen Familienvater zu werden.
[Nachtrag: Markus Hoffmann sagte die Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ab]
Mittwoch, 1. Juni 2011
Michael Bussee über seine Erfahrungen als Ex-Gay
Michael Bussee erklärt in den Interviews, warum er damals so von der Ex-Gay-Idee überzeugt war: Durch spirituelle Erfahrungen wurden die homoerotischen Gefühle ein Stück weit verdrängt, die Ideologie und Gemeinschaft mit anderen Ex-Gays begeisterte ihn. Er verstand dies tatsächlich als einen Veränderungsprozess. Diese Art der Verdrängung seiner Sexualität hielt er 2 Jahre lang durch.
"Die anfängliche Begeisterung, ein Umpolerprogramm zu starten"
Exodus versuchte ursprünglich zwar politisch neutral zu bleiben, fand aber recht schnell in christlichen Anti-Gay Gruppierungen und im rechten Flügel finanzielle Unterstützung.
"Es war für Exodus ein großer Fehler politisch zu werden"
Bussee berichtet über die unprofessionellen Methoden, die von den unterschiedlichen Exodus-Einrichtungen angewandt wurden: die einzelnen Leiter - allesamt Laien - versuchten sich in Gesprächsgruppen, Gestalttherapieformen, Visualisierungsübungen, Wegbeten, Bibelgruppen, Exorzismus. Der psychologische Effekt blieb aber aus, also musste auf Gottes wundersames Eingreifen vertraut werden.
"Es gab keine echten Standards für Therapie oder Methodik"
Der Ausstieg aus der eigenen Umpoler-Organisation war für Bussee nicht leicht - und er erinnert daran, dass auch für heutige Aussteiger die Konsequenzen keine einfachen sind: der Erwartungsdruck des Umfelds, die Enttäuschung von Angehörigen, Kirchgemeinden die sich abwenden. Die Angst vor Verletzungen und Ablehnung kann Menschen in Umpolgruppen festhalten.
"Als wir Exodus verließen waren wir selbst verlassen"
Vor Gay-Aktivisten hatte man großen Respekt. Es ging die Angst um, dass solche Aktivisten als Terroristen in Versammlungen platzen und Schaden verbreiten könnten. Um so überraschter war Bussee, als er in einer Veranstaltung Gay-Aktivisten begegnete, die lächelten und sich über seinen Vortrag bei ihm bedankten.
"Gay-Aktivisten ängstigten und faszinierten uns gleichermaßen"
Im Nachhinein bereut Bussee, dass er nach seinem Ausstieg aus Exodus zu lange geschwiegen hat. Erst Anfang der 90er Jahre wurde seine Geschichte in der Dokumentation "One Nation Under God" verfilmt.
'Michael Bussee, an deinen Händen klebt Blut!'
Innerhalb der Exodus-Gruppen hat man sich an ein schwarz-weißes Weltbild gewöhnt. Alles was gegen Exodus sprach war demzufolge antichristlich. Dass es durchaus Christen gab, die ihren Glauben mit ihrer Sexualität verbinden konnten wurde ignoriert. Seit vielen Jahren existiert ein weltweites Netzwerk ehemaliger Ex-Gays, es gibt in vielen Ländern christliche unterstützende Gruppen, Facebookgruppen und Diskussionsrunden. In Deutschland wäre Zwischenraum hervorzuheben.
"Wir kannten keine Alternative für schwule Christen"
Eines der Kerninhalte der Lehren von Exodus war, anzunehmen, dass Homosexualität im wesentlichen durch schlechte Eltern verursacht würde. Ein Vater, der sich zu wenig um seinen Sohn kümmerte, würde ihn schwul werden lassen. Bussee verdrängte durch diese Ideologie die Tatsache, dass sein eigener Vater sehr wohl ein liebevoller und gutmeinender Vater war. Es hat ihn lange Zeit gekostet, wieder ein positives Vaterbild aufzubauen.
"Ich bereuhe meine Lehre, Schwulsein entstünde durch schlechte Erziehung"
Bussee vertrat die Ansicht eines christlichen Wohlstandsevangeliums, das ein glückliches Leben verspricht wenn man nur an Christus glaubt. Daraus entwickelte sich die Idee, dass mit einem festen Glauben alles möglich sei: wer nur stark genug glaube, verbissen genug die Bibel lese und Christus streng genug nachfolge wäre veränderbar. Heute glaubt Bussee nicht mehr daran, dass die Bibel ein Leben voller Freude, Gesundheit und Wohlstand garantiere, wenn man nur eifrig genug Gott nachfolge. Vielmehr zeichnet sich für ihn Nachfolgeschaft aus durch Versuchungen, Leid und Anklagen.
"Ich bereuhe meine Lehre, dass Veränderung für denjenigen möglich sei der nur stark genug glaubt"
Eine traurige Tatsache ist, dass Ex-Gays nach Beenden oder Abbrechen eines Umpolprogramms stets alleine gelassen werden und kein "Follow-Up"-Programm existiert, das für eine Qualitätssicherung eigentlich nötig wäre. Diese Ex-Gays verschwinden einfach von der Bildfläche. Ob sie glückliche heterosexuelle Väter geworden sind oder in den befürchteten "homosexuellen Lifestyle" zurückgefallen sind ist uninteressant. Für Bussee stellte sich auch irgendwann einmal diese Frage, was aus den ehemaligen Exgay-Mitgliedern wurde. Soweit er mitbekam ist er froh, dass es bei den allermeisten eine gute Entwicklung gegeben habe durch Selbstannahme der Homosexualität. Manche bedankten sich sogar später bei ihm für die Möglichkeit, die ihnen Exodus geboten hatte, zu sich selbst zu finden und sich anzunehmen wie sie sind.
"Als die Teilnehmer unser Programm verließen verschwanden sie einfach"
Exodus spricht sich deutlich gegen Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben aus, im selben Atemzug solle aber Homosexualität nicht kriminalisiert werden - ein absurder Widerspruch. Der Grund liegt in dem Denken, dass die Gleichberechtigung ein Hindernis für Ex-Gays werden könnte, für die eine homosexuelle Beziehung etwas unnormales darstellt.
"Gesetzliche Ungleichheit ist gut solange sie Menschen als Ex-Gays überzeugt"
Es gibt in Exgay-Gruppen nur zwei estrebenswerte Ziele: eine heterosexuelle Partnerschaft oder das Zölibat. Für Bussee war das Zölibat nie eine Option. Nach 2 Jahren als Exgay-Leiter musste er mitansehen, wie die Teilnehmer mehr und mehr depressiver wurden. Die Niedergeschlagenheit und selbstzerstörerische Wirkung der Teilnehmer machte auf ihn einen furchtbaren Eindruck. Er wusste, dass es ihm nicht anders ging, dass sich keine heterosexuellen Gefühle einstellen wollten, aber man durfte nicht ausbrechen: entweder war man ein Christ oder man war es nicht, dann war man schwul. Einer der Teilnehmer wurde nach einer enthaltsamen Zeit sehr selbstschädigend. Viele hassten sich immer mehr, die Schuldgefühle waren riesengroß. Man wollte aber errettet bleiben.
"Das Zölibat und das Eingeständnis, dass sich nichts ändert"
Bussee berichtet, dass er zwar viel von Veränderungen unter den Teilnehmern erfahren hatte, aber niemals einen Teilnehmer getroffen hatte, der tatsächlich heterosexuell geworden wäre.
"Ich sah niemanden unserer Teilnehmer, der heterosexuell geworden wäre"
Wenn Ex-Gays (Männer) eine Frau heiraten wird das als Beweis angesehen, dass ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt sind. Michael Bussee heiratete nach viel Überzeugungsarbeit dann auch - und steckte in einem Dilemma, als Aushängeschild zu posieren und gleichzeitig privat von solchen Entscheidungen abzuraten, da er keine heterosexuellen Gefühle hatte. Und das, obwohl Exgays fest daran glauben, von Gott für ihren mutigen Schritt zur Ehe belohnt zu werden.
"Heiraten als Vertrauensvorschuss"
Kaum jemand unter Exodus konnte zolibatär leben. Während eines Treffens mit einem anderen Exodus-Leiter erkannte Michael Bussee, dass sein Verhalten psychologisch und geistig immer mehr Konflikte schuf. Keiner veränderte sich wirklich nachhaltig. Stattdessen wurde Bussee immer wieder Zeuge davon, wie seine Mitstreiter ihren sexuellen Frust durch homosexuelle Pornographie bezwangen.
Wir alle mühten uns leise ab während wir Veränderung versprachen"
Eine schlimme Erfahrung waren die Jugendlichen, nicht einmal 18 Jahre alt, die von ihren Eltern aus dem Haus geworfen wurden mit der Androhung, sich entweder von ihrem Schwulsein heilen zu lassen oder nie wieder zurückzukommen. Auch heute noch passieren solche tragischen Vorfälle, wo Eltern ihre homosexuellen Kinder verstoßen.
"Am Ende landeten die schwulen Kids an unserer Haustür"
Unterstützer der Ex-Gay-Programme glauben nicht daran, dass deren Arbeit gefährlich sein könnte und Menschen schwer schaden könnte. Sie sehen es vielmehr als einen Dienst für Gott an, Menschen dazu zu bewegen, sich einer Umpoltherapie anzuschließen. Eine lebensbedrohende Auswirkung scheint die Umpolarbeit für sie nicht zu haben. Bussee stellt aber klar, dass die Botschaft von Exodus sehr deutlich sei: Der Homosexuelle ist krank, seelisch zerbrochen, hat einen Schaden, und ihm muss geholfen werden wieder gesund zu werden, ansonsten drohe die ewige Trennung von Gott. Diese ganze Botschaft ist zerstörerisch. Viele bemerken diese Gefahr erst sehr spät.
"Der Schaden, der Umpoltherapien anhängt"