Mittwoch, 4. Juni 2008

ExGay - warum eigentlich?

langfristig erfolglose Therapien, ein schlechter Ruf, ein Konzept basierend auf wissenschaftlich unhaltbaren Thesen. Wer sich zu einer reparativen Therapie entscheidet, muss schon gute Gründe haben. Denn nach außen scheinen Umpolungsorganisationen nichts attraktives auszustrahlen. Doch der Zulauf ist groß. Wenn man sich die Gründe genauer ansieht, warum Menschen bereit sind, ihre Persönlichkeit in einer reparativen Therapie auseinander nehmen zu lassen, wird man den Umpolungswunsch vieler verzweifelter Ratsuchenden besser verstehen:

- ein bibelfester Christ wünscht sich in seinem Leben eine klare Linie. Er wäre unglücklich darüber, etwas zu tun, was er als Sünde ansieht. Da nun die Bibel nicht wirklich positiv über homosexuelle Praktiken schreibt, sich aber sonst über Homosexualität ausschweigt, wird ein homosexueller Christ das Gefühl von Sünde in seinem Leben nicht mehr so schnell los. Allein das "sündige" Empfinden seiner Orientierung reicht dafür meist schon aus. Auf Dauer wünscht der Betroffene Befreiung dieser permanenten Gedankenqual. Ein Hinweis darauf, dass die Bibel niemals einen homosexuellen Menschen für seine Homosexualität verurteilt, wird so einen Menschen nicht glücklicher machen.

- dieses Empfinden für "Sünde" wird aber nicht nur aus der Bibel interpretiert, sondern ist auch der Ausdruck einer großteils homosexuellenfeindlichen geistlichen Gemeinschaft. In der vorgegebenen "Authorität Gottes" durch die Heilige Schrift wird so ziemlich jedem bibelgläubigen Christen klar, dass er in seiner homosexuellen Orientierung verdammungswürdig ist. Das Fatale dabei: er setzt die Orientierung per se als Sünde auf eine gleiche Stufe wie Morden, Ehebruch oder Lügen. Diese Gleichschaltung wird ihm zum Verhängnis, denn ein Zustand ist keine sündige Tat, wird in diesem Falle aber den leidenden Menschen psychisch zunichte machen.

- er fühlt sich stehts minderwertig als Teil einer christlichen Gemeinschaft, in der seine Mitbrüder und -schwestern offensichtlich glückliche Väter und Mütter sind, die eine scheinbare vollwertige heterosexuelle Identität vor Gott und den Mitmenschen vorweisen können. Dem homosexuellen Leidenden wird gezeigt, dass seine Bedürfnisse nicht legitim sein dürfen und er weder eine Familie gründen kann noch einen liebevollen treuen Partner zur Seite haben darf, da er dann an das ewige Verderben für sich glauben muss.

- er glaubt nicht daran, seine homosexuelle Orientierung anzunehmen, weil er befürchtet, die Bibel zu seinen Gunsten verbiegen zu müssen. Damit würde er befürchten, der Authorität Gottes zu widersprechen. Diese Einstellung führt zu Selbsthass und Selbstablehnung.

Jede christliche Organisation, die diesem Menschen in Hilfsangeboten begegnet, bedeutet ein Hoffnungsschimmer raus aus diesen negativen Gefühlen. Menschen, die sich ermutigen lassen durch (halbwahre) Erfolgsgeschichten unbekannter Therapierten, lassen sich gerne auf reparative Therapien ein. Sie neigen dazu, alles zu glauben, was man ihnen vermitteln wird: Homosexualität als gestörte Identität anzusehen (was einer Krankheit gleichkommt) und Ursachenforschung zu betreiben, ob ein Elternteil für die Identitätsstörung in Frage käme oder vielleicht sogar ein Bekannter, der den Therapierenden in Kindheitstagen womöglich sexuell missbraucht hat und somit schwul gemacht hat.

Keine Organisation würde sich heute noch als Umpolungsorganisation schimpfen. Tatsächlich aber gehen viele Betroffene gerade deswegen dorthin: sie suchen verzweifelt Hilfe aus ihrer empfundenen Falschheit, das Wort "Umpolungswunsch" trifft es eigentlich am deutlichsten. Bei vielen endet so eine Therapie dann mit einem Abbruch und der ernüchternden Erkenntnis, dass es vergebens war - eine vernichtende Wahrheit... denn die homosexuelle Orientierung lässt sich höchstens unterdrücken, nicht aber umtherapieren.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr guter Artikel! Danke für diesen wichtigen Beitrag.

LG Tom