Freitag, 28. August 2009

Washington Post kommentiert APA-Erklärung

Die Washington Post veröffentlichte vor zwei Wochen einen Kommentar zum neuen Statement der APA, die die Ex-Gay-Bewegung als unwissenschaftlich abstraft.

Gute Nachrichten für homosexuelle Christen

von Joel P. Engardio
Author, Dokumentarfilmer

Es existiert eine Online-Gruppe von 13.000 Homosexuellen, die ihren Glauben an Christus bekennen. Das Gay Christian Network ist ein kleines Wunder, wenn man bedenkt wie feindselig manche Religionen gegenüber Homosexuellen eingestellt sind. Während fundamentalistische Prediger die "homosexuelle Agenda" anprangern und Schwulenaktivisten sich über die "Ex-Gay Therapien" beklagen, müssen sich die Mitglieder von GCN ein Tauziehen über ihre sexuelle Identität und ihrem Glauben gefallen lassen. Deshalb werden homosexuelle Christen von einem erst kürzlich veröffentlichten Bericht der American Psychological Association profitieren, der besagt, dass sämtliche Versuche, die sexuelle Orientierung einer Person zu verändern, nicht funktionieren.

Das ist nichts Neues für die vielen GCN-Mitglieder, die diese Programme überlebt haben, die sie eigentlich zu Heteros umpolen sollten - erfolglos. Aber vielleicht kann diese Nachricht für eine Reihe Jugendlicher in dem Online-Netzwerk beruhigend sein, die sich davor fürchten, von ihren Eltern zu einer "Reparativtherapie"geschickt zu werden. Einer neuen Generation homosexueller Christen könnte dieses sinnlose Elend erspart bleiben, da nun die weltweit größte Psychologenvereinigung die Ex-Gay-Therapie (die Transformierung Homosexueller zu Heterosexuellen) definitiv zur Quacksalberei erklärt hat.

Da dies nun geklärt wäre bleibt die Frage, warum es dann 13.000 Homosexuelle bei GCN gibt - einige, die durch die Ex-Gay-Bewegung stark traumatisiert sind und andere, die sich vor einer drohenden Unterwerfung fürchten - die dann als Homosexuelle immer noch Christen bleiben wollen? Weil sie daran glauben, dass Gott einen Raum für Homosexuelle hat, die ihn anbeten wollen. In den Online-Gesprächen bei GCN und den persönlichen Begegnungen bei den GCN-Kongressen werden die Schriftstellen, die vor gleichgeschlechtlicher Anziehung warnen, nicht ignoriert. Leviticus und die Korintherbriefe werden besprochen und diskutiert. Es wird die Tatsache betont, dass Jesus selbst niemals direkt über Homosexuelle gesprochen hat. Das Dogma ist ihnen wichtig weil es diesen Homosexuellen nicht egal ist, was die Bibel sagt. Sie wollen einfach nur in der Lage sein, ihren Glauben zu praktizieren, ohne dabei leugnen zu müssen wer sie sind.

Wie homosexuelle Christen diese Kluft meistern ist unterschiedlich. Viele bei GCN wünschen sich eine gesunde liebevolle und monogame gleichgeschlechtliche Beziehung als Ideal. Andere fragen sich, ob das Zölibat nicht der beste Weg für einen homosexuellen Christen sei. Und manche wünschten sich nicht homosexuell zu sein. An diesem Punkt ist der Bericht der American Psychological Association besonders hilfreich. Er zeigt nicht nur die Unwirksamkeit, Kontraproduktivität und Schädlichkeit der Reparativtherapie auf, sondern schenkt einer tiefgläubigen Person zusätzlichen Trost, die mit ihrer sexuellen Identität ringt. Die APA stellt klar, dass ein ethisch handelnder Therapeut seine homosexuellen Klienten darüber informieren sollte, dass Schwulsein keine psychische Erkrankung ist, dass homosexuelle Beziehungen sehr erfüllend sein können und dass es keine Behandlung gibt, die eine homosexuelle Person heterosexuell machen kann. Für diejenigen, die einer Religion anhängen möchten, die das Ausleben der Homosexualität verbietet, weist die APA die Therapeuten an, einen "möglichen Lebensweg zu erkunden, der die Realität ihrer sexuellen Orientierung anspricht, der das in Verbindung mit Homosexualität gemachte Stigma reduziert, der die religiöse Überzeugung des Klienten achtet, und der alle Möglichkeiten für ein religiöses und spirituell sinnvolles und lohnendswertes Leben prüft". Mit anderen Worten, anstatt eines Alles-oder-nichts-Ansatzes kann der Therapeut mit seinen Klienten zusammenarbeiten, um innerhalb ihren Glaubensregeln zölibatär zu leben, neue Interpretationen ihres Glaubens zu finden oder andere Glaubensgemeinschaften zu erforschen, die Homosexuelle in vollem Umfang akzeptieren.

Der Hauptaspekt der APA auf die ethische Behandlung tiefgläubiger Homosexueller ist bemerkenswert, da er Optionen für Christen aufzeigt, die mit ihrer Sexualität kämpfen. Er zeigt ihnen, dass sie nicht krank oder kaputt sind und dass sie Gott nicht verlassen müssen, nur weil sie homosexuell sind. Am wichtigsten ist wohl, dass es die APA-Leitlinien den tiefreligiösen Eltern von homosexuellen Kindern schwerer machen dürfte, einen lizenzierten Therapeuten zu finden, der bereit wäre, eine schädliche reparative Therapie anzubieten.

Für das Gay Christian Network bedeutet das 13.000 erhörte Gebete.

Freitag, 21. August 2009

Homosexuelle besuchen öfter den Psychiater?

Eine kalifornische Studie bestätigt diesen Verdacht. Demnach würden Homosexuelle doppelt so oft einen Psychiater aufsuchen als Heterosexuelle. Bislang war nur erwiesen, dass Frauen eher einen Psychiater aufsuchen als Männer. Nun scheint auch deutlich zu werden, dass auch die sexuelle Orientierung eine Rolle spiele. Schwule und Lesben hätten es heute immer noch bedeutend schwer, ein gesundes Leben zu führen, weil Homosexualität über Jahrhunderte als Krankheit betrachtet wurde, so die Wissenschaftlerin Susan Cochran, die die Studie in der University of California in Los Angeles durchführte. Die negativen Auswirkungen der Diskriminierung Homosexueller werden wohl nach wie vor unterschätzt.

Dienstag, 11. August 2009

Wissenschaftsfreiheit soll in Deutschland Homophobie rechtfertigen

Die ZEIT veröffentlichte heute in einem sehr interessanten Kommentar über evangelikale Bemühungen, sich doch bitteschön weiterhin dafür stark zu machen, Homosexuelle als krankhaft und unnatürlich zu behandeln. Deshalb seien Umorientierungstherapien ("Umpolen") Homosexueller mittels Einrichtungen wie Wüstenstrom oder DIJG in Deutschland unerlässlich. Der weltweit größte Ärzteverband - die amerikanische APA - veröffentlichte jüngst eine ausführliche Erklärung, warum die Umorientierung Homosexueller nicht nur wirkungslos sei sondern auch schwere Risiken in sich berge. Von jeglichen Therapien weg von der Homosexualität raten mittlerweile Ärzteschaften geschlossen ab.
Der ZEIT-Kommentar scheint den Nerv der Leser zu treffen: Heute abend stehen schon weit über 160 Leserkommentare (!) unter der Veröffentlichung.

Donnerstag, 6. August 2009

Ärzteverband bestätigt Unseriosität der Ex-Gay-Bewegung

In einem gestern veröffentlichten Report erklärte die "American Psychological Association" die Wirkungslosigkeit sogenannter "reparativer Therapien".
US-Psychologen lehnen Therapie der Homosexualität ab

Washington – Die von religiösen Fundamentalisten geforderte „reparative“ Therapie einer homosexuellen Orientierung ist nicht Erfolg versprechend und potenziell schädlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine Task Force der American Psychological Association. Der Report äußert aber Verständnis dafür, dass Homosexuelle nach einer Lösung der Konflikte streben, in die sie durch ihren christlichen Glauben geraten könnten.

Die Umfrage einer “Barna Research Group” aus Ventura/Kalifornien hatte kürzlich ergeben, dass Homosexuelle zwar nur halb so häufig die Kirche besuchen, in der Bibel lesen oder beten als Heterosexuelle. Gleichzeitig gab mehr als die Hälfte der befragten Homosexuellen an, dass der Glaube für sie “sehr wichtig” sei.

Nach Ansicht fundamentalistischer Christen ergibt sich daraus zwangsläufig ein Konflikt, zu dessen Lösung einige religiös motivierte Psychologen eine “reparative Therapie” anbieten, die in der Wissenschaft als “sexual orientation change efforts” oder SOCE bezeichnet wird.

Dass diese SOCE erfolgreich sein kann, wird von einer Expertengruppe der American Psychological Association bezweifelt. Judith Glassgold aus Highland Park/New Jersey und Mitarbeiter hatten insgesamt 83 Studien ausgewertet, die seit den 60er-Jahren mit dem Ziel durchgeführt wurden, die homosexuellen Neigungen zu „reparieren“.

Die meisten Studien waren älteren Datums und wiesen erhebliche methodologische Schwächen auf, berichten die US-Psychologen. Eine Wirkung lasse sich aus den Ergebnissen nicht ablesen. Es bestehe sogar die Gefahr, dass gläubige Homosexuelle durch die Therapie in eine schwere psychologische Krise mit Depressionen bis hin zur Suizidalität geraten.

Die US-Psychologen halten es für vernünftiger, den Homosexuellen zu raten, ihre sexuelle Orientierung zu akzeptieren und nach Wegen zu suchen, sie mit ihrer Religiosität in Übereinstimmung zu bringen. Dies könne durch Enthaltsamkeit versucht werden oder durch den Wechsel in eine andere Glaubensgemeinschaft, laut ein pragmatischer Ratschlag. © rme/aerzteblatt.de

Links: Erklärung der APA - Erklärung der APA in deutsch
Vollständiger Bericht der APA (PDF 0,8 MB)

Kommentiert: gaywest - Konversion Ja bitte
queer.de - US-Psychologen: Einmal schwul, immer schwul
exgaywatch - Reparative Therapy Not Supported By Evidence, Says APA
TruthWinsOut - The APA Says 'No Evidence' In Support Of Ex-Gay Therapy
TruthWinsOut - Ex-Gay? No Way, the Experts Agree
TruthWinsOut - TWO Praises New APA Report That Warns Therapists Not To Mislead Clients By Saying They Can Change...

Montag, 3. August 2009

Evangelisches Ablenkungsmanöver?

Um auf die problematische Situation Homosexueller in christlichen Kreisen aufmerksam zu machen demonstrierten in den vergangenen Monaten Tausende gegen Veranstaltungen der deutschen Ex-Gay-Bewegung vor dem evangelikalen Jugendevent "Christival" 2008 und vor dem evangelikalen Seelsorgerkongress "APS" in Marburg 2009. Vertreter der Organisationen "Wüstenstrom" (Hilfe zur Umtransformierung der angeblich fehlentwickelten Homosexuellen zu normalen Heterosexuellen) und "DIJG" (Publizieren homophober Schmähschriften zur Stigmatisierung Homosexueller) sollten dort ihre pseudowissenschaftlichen Ansichten verbreiten. Bei Christival wurde dadurch das Seminar "Homosexualität verstehen" von Christl Vonholdt abgesagt - nachdem sogar der deutsche Bundestag intervenieren musste -, in Marburg aber wurden die Seminare trotz aller Proteste durchgezogen. Die deutsche Ex-Gay-Bewegung ist seither sehr prominent, diverse Medien berichten immer wieder über Wüstenstrom oder "Offensive Junger Christen". Hansjörg Hemminger, Weltanschauungsbeauftragter der ev. Landeskirche, ist dennoch davon überzeugt, dass es in Wahrheit die Atheisten sind, die unter dem Vorwand der menschlichen Grundrechte die Proteste gegen christliche Veranstaltungen durchgeführt hätten. Sie würden Evangelikale zu einem Feindbild aufbauen und dazu anstacheln, gegen sie zu demonstrieren:
Wer deswegen Radikale ermutige, den Evangelikalismus oder den Pietismus gesellschaftlich zu ächten, spiele das Spiel aus „Biedermann und die Brandstifter": Die extremen Ränder des politischen Spektrums würden gestärkt.

Dass es nicht um Radikalisierung gegen Evangelikale sondern um die menschenverachtende Ex-Gay-Bewegung geht, die gegen christliche Grundsätze (Wahrheit, Respekt, Akzeptanz) verstößt, will Hemminger dabei vergessen. Bei einem Treffen der "Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis" im bayrischen Riederau stieß deren Vorsitzender Andreas Späth
ins selbe Horn:
Bei den Protesten sei es nur vordergründig darum gegangen, eine angebliche Bevormundung von Schwulen und Lesben durch kirchliche Gruppen zu verhindern. Tatsächlich solle das Recht von Christen auf Ausübung ihres Rechts auf Meinungs-, Religions- und Forschungsfreiheit eingeschränkt werden. „Die militanten Atheisten und Christenhasser wollen nicht wahrhaben, dass unser freiheitliches System ohne seine christliche Basis nicht denkbar ist“, sagte Späth.

Es drängt sich bei derartigen Aussagen eher der Verdacht auf, dass auch im Nachhinein großes Rätselraten um den Umgang mit den Konsequenzen der öffentlichen Debatte über Schwulsein und Christsein herrscht. Die Demonstrationen hatten einen klaren Sinn: Aufzuzeigen, dass viele christliche Kreise mit dem Thema Homosexualität größte Probleme haben, und dass die deutsche Ex-Gay-Bewegung nach wie vor versucht, Homosexuelle zu stigmatisieren und als krank darzustellen. Man sollte aus den Konsequenzen lernen und nicht damit anfangen, sich nun als Opfer von atheistisch motivierten "Christenhassern" zu sehen. Wäre dem so, hätte es erst gar keine Demonstrationen gegeben. So aber wird im Nachheinein gelogen.


Kommentiert: Gaywest - Evangelisch undifferenziert