In letzter Zeit kommen in verschiedenen amerikanischen Magazinen immer öfter einige Ex-Gay-Überlebende (sog. "Ex-Ex-Gays") zu Wort - Menschen, die durch die Umpolungstherapie der ExGay-Bewegung gingen, diese letztlich erfolglos beenden mussten und heute zu ihrer Homosexualität stehen.
Jacob Wilson, Vince Cervantes, und Daniel Gonzales wurden vom Edge Magazin, einem Bostoner Gay-Magazin, interviewt. In dem Artikel sprechen sie darüber, warum sie einer Ex-Gay-Therapie zustimmten, und welcher Schaden ihnen dadurch letztendlich entstand.
Die ganze Diskussion über die Exgay-Szene wurde erneut durch das Verschwinden des 23-Jahre alten Bryce Faulkner entfacht: Wie wahrscheinlich sei es gewesen, dass er unter großem Zwang seiner konservativen christlichen Familie in das Exgay-Programm eingewiesen wurde? Faulkner ist zwar gesetzmäßig volljährig aber es war klar, dass er finanziell immer noch auf die Hilfe seiner Familie angewiesen ist. Wilson, der ebenfalls volljährig war, als er freiwillig einem Exgay-Programm beitrat, beschreibt den massiven Druck, dem er zuvor ausgesetzt war:
Jacob Wilson ist 23 Jahre alt und lebt in Ames, Iowa. Mit 19 Jahren verließ er seine Familie und Freunde in Missouri und meldete sich für ein "Love in Action" Seminar in Memphis, Tennessee an, mehrere hundert Meilen entfernt von zuhause. Er war zur gleichen Zeit bei "Love in Action", als der 16jährige Zachary Stark nationale Aufmerksamkeit auf sich zog, weil dieser dazu gezwungen wurde, an einem ähnlichen Camp teilzunehmen.
Wilson bestreitet zwar, dass er in das Umpolungsprogramm gezwungen wurde, aber meint, dass er dennoch einem gewissen Zwang ausgesetzt war, warum er sich letztlich für das Ex-Gay-Programm entschied. Sein Pastor ermutigte ihn dazu, sich für das Umpolungsprogramm anzumeldem, nachdem mehrere Gemeindemitglieder herausfanden, dass er sich öfter mit einem Bereichsleiter traf. Seine Eltern halfen ihm, die Rechnungen für das Programm zu bezahlen.
"Als ich meinen Eltern erzählte, dass ich schwul bin, haben sie es nicht wirklich leicht aufgenommen, um es milde auszudrücken", erzählt Wilson. "Sie waren alle dafür, dass ich in dieses Programm komme, und spornten mich dazu an, damit es mich wieder geradebiegen könnte".
"Ich war am Tiefpunkt meines Lebens angekommen, so depressiv war ich noch nie," fährt er fort. "Als ich mit dem Programm anfing bemerkte ich, dass das dort nichts ungewöhnliches war. Die Teilnehmer hatten dort alles verloren, was ihnen etwas bedeutet hat."
Cervantes, der letztes Jahr schon von exgaywatch interviewt wurde, meldete sich ohne das Wissen seiner Eltern an einer Exgay-Therapie an. Er willigte sogar einem Exorzismus ein, aber realisierte bald dass nichts davon seine sexuelle Orientierung verändern würde. Im Herbst diesen Jahres wird er in der "Tyra Banks" Talkshow in den USA auftreten, wo er über seine Erfahrungen berichten wird.
Daniel Gonzales nahm seine Erfahrungen aus den Exgay-Therapien auf Video auf, welche hunderttausende Male im Internet angeklickt wurden. Er beschreibt, wie er die "säkulare" Ex-Gay-Route unter Joseph Nicolosi von NARTH einschlug:
"Die Idee war, dass gleichgeschlechtliche Neigungen verursacht würden durch eine zerbrochene Wahrnehmung der eigenen Männlichkeit und einem schlechten Selbstbewusstsein. Man fühlt sich anderen Männern gegenüber hingezogen, die die Eigenschaften besitzen, die man an sich selbst vermisst," schildert Gonzales. "Wenn man so verzweifelt ist, alles zu versuchen um sich zu verändern, glaubt man das auch."
James Stabile, der damit Schlagzeilen machte, dass er von seiner Homosexualität angeblich "geheilt" worden sei, wurde als eine Erfolgsgeschichte gehandelt. Später bekannte er sich als homosexuell und entschuldigte sich für sein öffentliches Auftreten. In einem Zeitungsinterview spricht er über seine dreimonatigen Erfahrungen bei "Pure Life Ministries", wo er einen Kuss mit einem anderen Mann seiner Therapiegruppe inszenierte, damit er rausfliegen konnte. Am 20. Juni kündigte er an, dass er "Love Actually" starten wolle, eine örtliche Gemeinschaft, die den Ex-Gay-Überlebenden einen Raum bieten soll, wo sie sich hinwenden können und willkommen sind.
Wilson, Cervantes, Gonzales und Stabile haben alle bei der Onlinecommunity Beyond Ex-Gay eine Willkommensstätte gefunden. Ex-Ex-Gay Peterson Toscano berichtet, dass die Mitgründerin von Beyond Ex-Gay, Christine Bakke, an einem Teil eines sozialen Netzwerkes arbeitete, um diejenigen besser zusammenzuführen, die sich von einer Ex-Gay-Therapie erholen müssen. Toscano erwähnte genauso, dass dank der Ex-Gay-Überlebenden viele Mainstream-Medien nun aufhorchen und die Ineffizienz solcher "Therapien" thematisch aufgreifen.
Die immer größer werdende Bewegung der Ex-Gay-Überlebenden hat die Art und Weise drastisch verändert, wie die Medien heute mit Ex-Gay-Geschichten umgehen. Früher begann ein typischer Nachrichtenteil mit der Frage "Können sich Homosexuelle verändern?". Dann würde dazu eine Pro- und Kontra-Debatte starten. Doch heute geschieht ein Wandel, denn mit den Ex-Gay-Geschichten wird anders umgegangen als früher, da so viele Ex-Gay-Überlebende ihre eigene Geschichte online erzählen. Kürzlich begann eine Geschichte mit dem eher skeptischen Opener: "Es gibt glaubensorientierte Programme, die von sich behaupten, Schwule und Lesben heilen zu können", um dann damit fortzusetzen, wie das Leben einer Frau durch eine Ex-Gay-Therapie beinahe zerstört worden wäre.
Seit der zunehmenden Bewegung der Ex-Gay-Überlebenden haben große Mainstream-Medien wie die New York Times, Glamour, People, die London Times, Good Morning America und die Tyra Banks Show über die Geschichten der Ex-Gay-Überlebenden berichtet. Inzwischen sind Pressesprecher der Exgay-Programme dazu gezwungen, öffentlich zuzugeben, dass es eigentlich nicht möglich ist, eine homosexuelle Person heterosexuell zu machen. Und nun müssen sie sich rechtfertigen, je öfter sie damit konfrontiert werden, wie potenziell schädlich ihre Programme sein können.
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