Wir haben zahlreiche fundamentalistische Gemeinden und Veranstaltungen besucht, mit Gemeindemitgliedern, Aussteigern, Predigern und Theologen gesprochen, Internetforen beobachtet, viele Bücher und Zeitschriften von bibeltreuen Christen gelesen, unzählige Predigten gehört. Das Buch zeigt die Arbeit und Ziele von Gemeinden, Vereinen, Missionswerken und Lobbygruppen in Deutschland. Wir berichten über autoritäre Strukturen, angebliche Wunderheilungen und Dämonenaustreibungen, genauso wie über Intoleranz, Wissenschaftskritik und aggressive Mission. Und wir haben Vertreter der "Evangelischen Kirche in Deutschland" (EKD) gefragt, warum sie sich nicht deutlicher von diesen radikalen Positionen abgrenzen.
Unter der Überschrift "Keine Akzeptanz für Homosexualität" liest man:
Der evangelikale Theologe Friedhelm Jung zum Beispiel schreibt: "Evangelikale sind davon überzeugt, dass eine Gesellschaft untergehen wird, die Homosexualität als normal erklärt und gleichberechtigt neben Heterosexualität stehen lässt." Auch der Vorsitzende des evangelikalen Dachverbandes "Deutsche Evangelische Allianz", Jürgen Werth, ist der Meinung, dass Homosexualität nicht dem "schöpfungsgemäßen Auftrag des Menschen" entspreche. Aus seiner Sicht sind Menschen dazu da, die Erde zu "verwalten" und sich zu "mehren". Das ginge in homosexuellen Partnerschaften weder bei Männern noch bei Frauen.
Viele christliche Fundamentalisten stellen Homosexualität als Leiden oder Störung dar und werben für "Therapien", die eine "Veränderung" der sexuellen Orientierung bewirken. Auch der "Allianz"-Vorsitzende Jürgen Werth glaubt daran, dass Homosexualität veränderbar sei und dass man diese Möglichkeit auch keinem verweigern dürfe. Er kenne Menschen, bei denen es eine Veränderung gegeben habe, so Werth. Wie tief die gehe, könne er natürlich nicht beurteilen. Der "Bund Freier evangelischer Gemeinden" (BFeG) meint, Homosexualität sei ein psychisches Problem. "Am überzeugendsten erscheint uns nach wie vor die Erklärung, Homosexualität als Störung in der komplexen Entwicklung der Geschlechtsidentität zu verstehen." Zahlreiche Homosexuelle würden unter ihrer Neigung leiden und Veränderung suchen. Auch der "Arbeitskreis für Geistliche Gemeindeerneuerung" (AGG), eine Gruppe von Evangelikalen in den evangelischen Landeskirchen, verurteilt Homosexualität als Sünde und schreibt in einer Stellungnahme, dass Heilung von einer homosexuellen Veranlagung möglich sei. Dies würden Tatsachenprotokolle Betroffener und Erfahrungen wissenschaftlicher Therapeuten belegen.
Idea fasst in groben Zügen den Inhalt des Buches zusammen, interessant sind vor allem die von großteils fundamentalistischen Evangelikalen geschriebenen Kommentare: kaum ein Schreiber geht in seiner Kritik inhaltlich auf das Buch ein, man rechtfertigt sich etwas unbeholfen mit Bibelzitaten.
Nachtrag: Der NDR berichtet über den evangelikalen Lobbyismus in seiner Sendung ZAPP.
1 Kommentar:
Über den Einfluss der Kirchen (besonders der Evangelikalen) in Afrika und die Auswirkungen der Missionierung war kürzlich eine spannende Diskussion des Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC)in Wien: "Der Himmel über Afrika" mit Paul Gifford (Prof. emeritus der School of Oriental and African Studies (SOAS), Univ. London), Wahu Kaara (Direktorin des Kenya Dept Relief Network Nominée für den Friedensnobelpreis) und Helmut Nausner (Superintendent a.D., Evangelisch-methodistischen Kirche Österreich).
Die Videoaufzeichnung auf etalks.tv ist hier zu sehen:
http://etalks.tv/blog/2010/05/07/der-himmel-uber-afrika/
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