Montag, 3. August 2009

Evangelisches Ablenkungsmanöver?

Um auf die problematische Situation Homosexueller in christlichen Kreisen aufmerksam zu machen demonstrierten in den vergangenen Monaten Tausende gegen Veranstaltungen der deutschen Ex-Gay-Bewegung vor dem evangelikalen Jugendevent "Christival" 2008 und vor dem evangelikalen Seelsorgerkongress "APS" in Marburg 2009. Vertreter der Organisationen "Wüstenstrom" (Hilfe zur Umtransformierung der angeblich fehlentwickelten Homosexuellen zu normalen Heterosexuellen) und "DIJG" (Publizieren homophober Schmähschriften zur Stigmatisierung Homosexueller) sollten dort ihre pseudowissenschaftlichen Ansichten verbreiten. Bei Christival wurde dadurch das Seminar "Homosexualität verstehen" von Christl Vonholdt abgesagt - nachdem sogar der deutsche Bundestag intervenieren musste -, in Marburg aber wurden die Seminare trotz aller Proteste durchgezogen. Die deutsche Ex-Gay-Bewegung ist seither sehr prominent, diverse Medien berichten immer wieder über Wüstenstrom oder "Offensive Junger Christen". Hansjörg Hemminger, Weltanschauungsbeauftragter der ev. Landeskirche, ist dennoch davon überzeugt, dass es in Wahrheit die Atheisten sind, die unter dem Vorwand der menschlichen Grundrechte die Proteste gegen christliche Veranstaltungen durchgeführt hätten. Sie würden Evangelikale zu einem Feindbild aufbauen und dazu anstacheln, gegen sie zu demonstrieren:
Wer deswegen Radikale ermutige, den Evangelikalismus oder den Pietismus gesellschaftlich zu ächten, spiele das Spiel aus „Biedermann und die Brandstifter": Die extremen Ränder des politischen Spektrums würden gestärkt.

Dass es nicht um Radikalisierung gegen Evangelikale sondern um die menschenverachtende Ex-Gay-Bewegung geht, die gegen christliche Grundsätze (Wahrheit, Respekt, Akzeptanz) verstößt, will Hemminger dabei vergessen. Bei einem Treffen der "Kirchlichen Sammlung um Bibel und Bekenntnis" im bayrischen Riederau stieß deren Vorsitzender Andreas Späth
ins selbe Horn:
Bei den Protesten sei es nur vordergründig darum gegangen, eine angebliche Bevormundung von Schwulen und Lesben durch kirchliche Gruppen zu verhindern. Tatsächlich solle das Recht von Christen auf Ausübung ihres Rechts auf Meinungs-, Religions- und Forschungsfreiheit eingeschränkt werden. „Die militanten Atheisten und Christenhasser wollen nicht wahrhaben, dass unser freiheitliches System ohne seine christliche Basis nicht denkbar ist“, sagte Späth.

Es drängt sich bei derartigen Aussagen eher der Verdacht auf, dass auch im Nachhinein großes Rätselraten um den Umgang mit den Konsequenzen der öffentlichen Debatte über Schwulsein und Christsein herrscht. Die Demonstrationen hatten einen klaren Sinn: Aufzuzeigen, dass viele christliche Kreise mit dem Thema Homosexualität größte Probleme haben, und dass die deutsche Ex-Gay-Bewegung nach wie vor versucht, Homosexuelle zu stigmatisieren und als krank darzustellen. Man sollte aus den Konsequenzen lernen und nicht damit anfangen, sich nun als Opfer von atheistisch motivierten "Christenhassern" zu sehen. Wäre dem so, hätte es erst gar keine Demonstrationen gegeben. So aber wird im Nachheinein gelogen.


Kommentiert: Gaywest - Evangelisch undifferenziert

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