Freitag, 15. Mai 2009

Marburger Kongress: Fachärzte kommen zu Wort

16 Marburger Psychotherapeut(-inn)en haben vor einer Woche gemeinsam eine Erklärung unterschrieben, in der sie sich explizit gegen die unwissenschaftlichen Thesen von Christl Vonholdt (DIJG) und Markus Hoffmann (Wüstenstrom) stellen:

Marburger niedergelassene Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten widersprechen Dr. Christl Ruth Von­holdt, die behauptete, Psychotherapeuten in Deutschland würden in der Regel Menschen, die homosexu­ell empfinden und damit unglücklich sind, angemessene Hilfe verweigern. Diese müssten ins europäische Aus­land fahren, ja, Telefontherapie in Kalifornien aufsuchen, um angemessen behandelt zu werden. Diese Unter­stellung fuße auf Dr. Vonholdts Überzeugung, eine homosexuelle Neigung sei grundsätzlich mit Mit­teln der "richtigen" Psychotherapie verlernbar, wenn der Betreffende dieses wolle.

"Diese Überzeugung ist mit dem heutigen Stand der Wissen­schaft nicht vereinbar und weckt falsche Erwar­tungen. Sie ist Ausdruck der Angst, Heterose­xualität sei gleichfalls bei falschen Vorbildern verlernbar. Frau Dr. Vonholdt und ihr nahestehende Organisationen (Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft - DIJG, Wüstenstrom) und Personen (Diakon Markus Hoff­mann u.a.) drücken damit eine gesell­schaftspolitische Po­sition aus: das gleichberechtigte Zu­lassen gleichge­schlechtlicher Partnerschaften berge die Gefahr der "Kul­turzerstörung"."

Ebenso wenden sich die unterzeichnenden Therapeuten entschieden gegen Dr. Vonholdts Aussage, das Fehlen eines gegenge­schlechtlichen Elternteils sei für sich bereits schädlich für ein Kind:

"Kinder können sich in Beziehungen, die eine stabile, sichere und liebevolle Bindung anbieten und individu­elle psychosexuelle Entwicklungen des Kindes nicht un­terbinden, gut entwickeln. Diese menschlichen Werte ha­ben Vorrang vor der Frage der Geschlecht­lichkeit der Partnerschaft, in der ein Kind aufwächst. Wir wen­den uns gegen die Auffassung, dass nur die Einheit von Vater und Mutter als für die Entwicklung von Kin­dern günstig und schützenswerter kultureller Wert angesehen wird. Die Diskriminie­rung von Elternschaft in ande­ren Lebensformen, seien es allein Erziehende oder homosexuell empfindende Menschen, schafft neues Leid. Die sexuelle Orientierung eines Kindes ist nicht davon abhängig, ob es in ei­ner heterosexuellen oder homo­sexuellen Partnerschaft aufwächst. Ein mit homosexueller Neigung gebore­nes Kind kann bei diese Neigung ablehnenden heterosexuellen Eltern ebenso seelischen Schaden nehmen wie ein Kind, das bei ei­nem in dieser Hinsicht intoleranten gleichgeschlechtlichen Paar aufwächst. Um fundierte Aussagen über die Entwicklungs­bedingungen von Kindern homosexueller Eltern ma­chen zu kön­nen, wurde aktuell vom Bun­desjustizministerium eine Studie in Auftrag gegeben.

Das von Frau Dr. Vonholdt genannte Akzeptieren homosexueller Lebensweisen jenseits gesell­schaftlicher Gleichberechtigung ist Ausdruck einer nur oberflächlichen Toleranz. Der aktuelle Stand der wissenschaftlich begründeten Psychotherapie widerspricht Dr. Vonholdts Thesen, dass gleiche partnerschaftliche Rechte für Homo- und Heterosexuelle für eine Gesellschaft schädlich seien.

Bis heute leiden Menschen auf Grund fehlender gesellschaftlicher Toleranz und mangelnder Gleichberechti­gung ihrer Partnerschaften an ihrer homosexuellen Orientierung. Manche leiden auch an ei­nem Wertekon­flikt, der es ihnen verbietet, ihre homosexuelle Neigung auszuleben. Einen solchen Konflikt, nämlich seine Sexualität nicht ausleben zu wollen (oder zu können), kann es genauso bei Heterosexuellen geben.

Entsprechend stellt der Berufsverband Deutscher Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie (BVDP) fest: Homosexualität ist keine Krankheit, sondern eine häufige Form menschlichen Zusammenle­bens und bedarf keiner Therapie Psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlungsansätze gelten nicht der Homosexualität als solcher, sondern den Konflikten, die mit der Homosexualität in Verbindung mit religiösen, gesellschaftlichen oder verinnerlichten Normen entstehen. Therapeutische Ziele sind in erster Linie die Prävention psychischer Folgeerkrankungen wie Depres­sivität und Suicidalität sowie die Stabilisierung des Selbstbildes. Dabei werden die individuellen Le­bensumstände und Bedürfnisse des Betroffenen und seiner Familie berück­sichtigt.

Patienten möchten manchmal Unveränderbares verändert haben. Seriöse Psychotherapie sollte sich davor hü­ten, Erwartungen zu wecken, die nicht erfüllbar sind oder eine gesellschaftspolitische Posi­tion als "wissen­schaftlich begründet" zu behaupten, die lediglich der eigenen Ideologie entspringt."

Kommentiert:

Wiener Zeitung: Seelenheil für Homosexuelle

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